400 Tage vor der Eröffnung des bauhaus museums weimar
Die Situation des bauhaus museums weimar ist am 1. März 2018, 400 Tage vor dem Tag der Eröffnung, folgende:
Die Errichtung des Gebäudes verläuft planmäßig. Im Herbst 2018 wird es an die Nutzer übergeben. Dann beginnt die Einrichtung der Eröffnungsausstellung »Das Bauhaus kommt aus Weimar«. Am 5. April 2019 wird das Museum seine Pforten öffnen. Das Land darf sich darauf freuen, die Bürger der Stadt, die Bauhaus-Freunde und die Bauhaus-Kritiker nicht weniger.
Allerdings kann bis zum 5. April 2019 die für das Gebäude vorgesehene Glasfassade nicht fertiggestellt werden. Das hat eine Reihe von Gründen: Verzögerungen im Bauablauf seit 2015; Probleme bei Vergabeverfahren, insbesondere wegen der heißen Baukonjunktur; nicht abschließend geklärte logistische Fragen, die die Revisionierbarkeit und damit auch die Kosten für den zukünftigen Unterhalt der Glasfassade betreffen.
Die Klassik Stiftung erklärt deshalb: Die Glasfassade kommt erst nach der Eröffnung. Schade gewiss, aber bestimmt kein Halsbruch. Das ›Bildermuseum Leipzig‹ hat nach seiner erfolgreichen Eröffnung 2004 jahrelang auf seine Glasfassade gewartet. Vor die Wahl gestellt, den Eröffnungstermin zu verschieben oder das Museum ohne die Glasfassade zu eröffnen, kann die Entscheidung nur sein: Der 5. April 2019 muss unbedingt gehalten werden. Im April 1919 wurde das Bauhaus in Weimar gegründet. Allein dieser Tag gehört Weimar allein.
Vor diesem Hintergrund – die Glasfassade kann bis zum 5. April 2019 nicht realisiert sein – ist es von Interesse, dass die Architektin des bauhaus museums, Prof. Heike Hanada, dem Bauherrn einen Alternativ-Vorschlag zur Glasfassade unterbreitet. Sie schlägt vor, auf die Glasfassade zu verzichten und stattdessen die Betonummantelung des Gebäudes, die der Aufhängung der Glasfassade dient, so zu gestalten, dass diese Konstruktion selbst zur Fassade des Gebäudes wird.
Die Leitung der Stiftung hat diesen Vorschlag geprüft und ist zu dem Urteil gelangt, dass er machbar und finanzierbar wäre. Zur gestalterischen Grundidee des Museums, seinem Konzept, passt eine Steinfassade nach Auffassung der Stiftungsleitung besser als die Glasfassade. Die Stadtspitze hat sich kritisch dazu geäußert. Weder die Stadtspitze noch die Stiftungsleitung entscheiden über die Fassade. Vielmehr wird die Stiftungsleitung den Alternativvorschlag mit einem Beschlussvorschlag dem Stiftungsrat vorlegen. Zuvor werden Sachverständige um ihre Einschätzung gebeten. Im Stiftungsrat verfügen Bund, Land, Stadt, das Haus Sachsen-Weimar und zwei Wissenschaftliche Beiräte der Stiftung über Stimmrechte. Sollte der Stiftungsrat der von der Architektin vorgeschlagenen Änderung der Fassade zustimmen, wird die Stiftung eine entsprechende Änderung der Baugenehmigung beantragen, über die die Stadt entscheidet.
So wird eine Entscheidung über die Frage Glas- oder Steinfassade getroffen werden, an der viele mitwirken. Wir wissen nicht, ob die richtige Entscheidung getroffen werden wird, aber es wird eine legitime Entscheidung sein, wie sie auch ausfallen mag.
So viel zur Situation des bauhaus museums weimar.
Wenn Sie hingegen etwas zur Situation der Presseberichterstattung über das bauhaus museum erfahren wollen, empfehle ich Ihnen den Gastbeitrag von Architektur-Professor Ulf Hestermann aus Erfurt in der TA/TLZ vom 1. März 2018. Der Professor, Mitglied im ›Weimarer Beirat für Baukultur‹, grämt sich darüber, dass »aus einem ambitionierten, international aufgezogenen Architektenwettbewerb« am Ende »eine gesichtslose Betonkiste« herauskommt, »die in ihrer Anmutung eher einem Lagergebäude oder einem nahezu fensterlosen Bunker … entspricht.« Wie es seiner Kollegin, Prof. Hanada, jetzt geht, nachdem sie »unter dem Diktat der Kosteneinsparung Qualitätsverluste hinzunehmen hat«, mag er sich gar nicht vorstellen. Der Gentleman vergisst nicht zu erwähnen: »Honni soit qui mal y pense«, wohl aber vergisst er zu schreiben, dass auch er sich 2011 darum beworben hat, das bauhaus museum weimar zu bauen. Er kam allerdings nur bis in die Vorauswahl: Honni soit qui mal y pense! So geht ›Baukultur‹ in Weimar. Einen besseren Gastbeiträger als diesen konnte die TA/TLZ gar nicht finden.
Könnte meine Hand verwetten, daß das Entscheidungsgremium die geschlossene Betonvariante wählt, womit dann endgültig dem architektonischen Entwurf sein Esprit u. weiterentwickelte Gedanke des Bauhause ausgequetscht wäre; eine Nebennutzung als Lagerhalle (für die benachbarte Weimarhalle oder das nahe “Atrium” ) wäre sicher optimierbar oder auch gleich die Variante eines geschlossenen Kubus wie seinerzeit im Goethe-Park, in dem statt “Urfaust” nunmehr das tragikomische Stück “Glanz und Elend des Walter Gropius” ensuite zur Aufführung gebracht werden könnte (biete mich zur Abfassung der literar. Vorlage honorarfrei an).
Zitat:
“Zur gestalterischen Grundidee des Museums, seinem Konzept, passt eine Steinfassade nach Auffassung der Stiftungsleitung besser als die Glasfassade.”
Aus damals ca. 500 Arbeiten des offenen Wettbewerbes wird von einer hochkarätigen Jury der Siegerentwurf ausgewählt, zu dessen Hauptmerkmalen ein gläsernes Antlitz gehört. Nun fühlt sich die Klassik Stiftung berufen, ihren anscheinend lange gehegten Wunsch – ein “steinernes” Kleid würde dem Museum besser stehen – in die Realität umzusetzen. Mit diesem einem Satz fegen Sie den Grundgedanken eines der Öffentlichkeit dienenden Wettbewerbswesens kurzerhand vom Tisch.
Die einzig charmante Antwort auf diese Situation ist die Museumseröffnung im Rohbau und die spätere Vollendung der Glasfassade. Alles andere ist ein fauler Kompromiss.
Sehr geehrte/r HGB,
hier und dort ist schon darauf hingewiesen worden, aber die Stiftung wiederholt es an dieser Stelle gern noch einmal: Die Glasfassade ist nicht Teil des Entwurfs, den Frau Prof. Hanada zu dem von Ihnen in Erinnerung gerufenen ›offenen Wettbewerb‹ eingereicht hat. Frau Prof. Hanada ist auch nicht als Siegerin aus diesem Wettbewerb hervorgegangen. Vielmehr erhielt sie einen 3. Preis. Ein erster Preis wurde nicht vergeben. Stattdessen endete der Wettbewerb mit insgesamt vier Preisträgern, zwei 2. und zwei 3. Preise. Die vier Preisträger lud die Stiftung in einem neuen Verfahren – Fachdeutsch: einem VOF-Verfahren – ein, ihre Entwürfe zu überarbeiten. Alle vier Preisträger haben sich erneut beteiligt. Erst in diesem Bieterverfahren – also nicht in einem ›offenen Wettbewerb‹ – reichte Frau Prof. Hanada einen Entwurf mit Glasfassade ein und konnte dieses Verfahren damit für sich entscheiden.
Wäre es so, wie Sie es angenommen haben, könnte ich Ihrem Urteil folgen. Sie gehen aber von einer unrichtigen Annahme aus: Die Glasfassade war eben gerade nicht Gegenstand des Wettbewerbs. Vielmehr hat die Ausloberin des Bieterverfahrens, die Klassik Stiftung Weimar, der Architektin seinerzeit empfohlen, ihre Fassade als Glasfassade fortzuentwickeln.
Welche Fassade am Ende ›die richtige‹ sein wird, vermag heute niemand zu sagen. Faktisch wird es Anfang kommenden Jahres zu der ›charmanten Antwort auf diese Situation‹ kommen, die Sie sich wünschen: Die Eröffnung des Gebäudes am 5. April 2019 wird das Gebäude in einem Zustand zeigen, der den fertiggestellten ›Rohbau‹ zeigen wird. Jeder darf dann sagen, wie ihm/ihr das gefällt.
Mit freundlichen Grüßen
Klassik Stiftung Weimar