Goethe, Schiller und die Weimarer Klassik · Kosmos Weimar
Feuerwerk auf dem Eis. Geschichten vom Weimarer Hof
Die Eislaufbahn auf dem Theaterplatz ist längst abgebaut und auch das Wetter macht allen, die gerne Schlittschuh laufen, einen Strich durch die Rechnung. Dabei war die winterliche Ertüchtigung schon zu Goethes Zeiten ein beliebter Zeitvertreib. Der Dichter hatte das Eislaufen bereits in jungen Jahren gelernt und ließ auch in Weimar nicht davon ab.
Karl Freiherr von Lyncker nahm in den ersten Regierungsjahren von Herzog Carl August als Page an dem frostigen Amüsement teil. Er schrieb seine Erinnerungen daran nieder und so wissen wir heute spannendes über die höfische Kultur an kalten Wintertagen zu berichten.
Sanken die Temperaturen so stark, dass das Wasser gefror und eine dicke Eisschicht bildete, trafen sich die Damen und Herren der Weimarer Gesellschaft am Teich im Baumgarten, dem heutigen Weimarhallenpark. Dort ließen sie sich entweder im Schlitten herumfahren oder versuchten sich auf Holzschuhen mit Kufen, die zu Anfang aus geschliffenen Tierknochen bestanden. Erst ab 1825 gab es Schlittschuhe mit Metallkufen.
Besonders geschickt zeigte sich die Corona Schröter beim Eislauf. Die Kammersängerin wurde auf den Vorschlag von Goethe hin, der von ihrem großen gesanglichen und schauspielerischen Talent überzeugt war, in Weimar am Theater verpflichtet. Freiherr von Lyncker wusste über ihre Fähigkeiten auf dem Eis zu berichten:
»Die Corona Schröter hatte viel Fertigkeit darin erlangt; ihre schöne Figur nahm sich dabei vortrefflich aus.«
In den Erinnerungen Lynckers ist ebenfalls zu lesen, dass er und die anderen Pagen zweimal in der Woche zum Eislauf gehen durften. Öfter jedoch nicht, damit sie ihre Studien nicht zu sehr vernachlässigten. Goethe und Herzog Carl August sollen ihnen dann Kunststücke beigebracht haben. So sollten sie auf dem Eis über Stangen springen und damit ihre Geschicklichkeit und Balance proben.
»Wir mußten nämlich in vollem Schlittschuh-Fahren Äpfel mit bloßen Degenspitzen aufspießen […] ja man schoß aus nur mit Pulver geladenen Pistolen hinter dem flüchtigen Wilde drein, welches für uns die größte Lust war.«
Waren auch die Schwanseewiesen überschwemmt und zu Eis erstarrt, wurde der Eislauf besonders zelebriert. Dann gab der Herzog Feste, Eis-Maskeraden und Illuminationen. Dabei wurde sich verkleidet und Feuerwerk entzündet. Die Pagen trugen Mützen mit Teufelshörnern an denen Schwärmer angebracht waren und fuhren die Damen auf dem Schlitten über das Eis.
Die vorbeifahrenden Herren entzündeten die Schwärmer an den Mützen der Pagen, leuchtende Pyramiden und Raketen mit einer Lunte, sodass selbst das Feuerwerk über das Eis glitt.
Doch nicht allen Weimarern gefiel das nicht ganz ungefährliche Pläsier der Honoratioren. Und auch die Eltern der Knaben wussten die Schuld für Stürze zu verorten.
»Da wir aber oft auf das Eis fielen und uns mit unter leicht beschädigten, so wollten unsere Eltern diese Belustigungen nicht immer gut heißen. Alle dergleichen Dinge gab man hauptsächlich Goethen die Schuld, und gewöhnlich wurde über die meisten Vorgänge damaliger Zeit etwas zweideutig gesprochen.«
Nach W. Bode, M. Scheller und K. W. H. Freiherr Lyncker: Am Weimarischen Hofe unter Amalien und Karl August. Berlin 1912. S.80-82
Mehr zu Goethes faszinierendem Leben und Werk zeigen wir in der Ausstellung »Lebensfluten – Tatensturm« im Goethe-Nationalmuseum.