Schönheitsideale aus dem 3D-Drucker
»Von Winckelmann inspiriert – Bauhaus-Künstler zwischen moderner Antike und antiker Moderne«: Gökçen Dilek Acay spürt antiken Schönheitsidealen mit Figuren aus dem 3D-Drucker nach.
Waren die im antiken Griechenland lebenden Menschen tatsächlich so »schön« wie jene Statuen, die man als Abbilder von Göttern und Helden ansah? Wird unser heutiges Verständnis von Schönheit noch durch dieselben Eigenschaften bedingt? Und inwiefern verändern sich Schönheitsvorstellungen je nach Zeit oder Kulturraum?
Die Relativität von Schönheit und Hässlichkeit steht nicht im Diskurs. Ideale Schönheit, aber auch ästhetische Hässlichkeit sind durch die Epochen unterschiedlich wahrgenommen worden. In der antiken Zeit wurde die ideale Ästhetik durch Gegenstände definiert. Der antike Gedanke bestand darin, die Schönheit durch den Menschen zu zeigen. Die Idee fokussierte sich darauf, dass der Mensch das Ideal ist und alle Schönheit sich auf den Menschen konzentriert.
Meine Idee, deformierte Objekte zu zeigen, basiert nicht auf der Vorstellung von Schönheit oder Hässlichkeit. Im Gegenteil: Durch das Fotografieren wird ein ruhiger, gefrorener Moment festgehalten. Er repräsentiert eine Stabilität von Unstabilität.
Meine Arbeit stellt heraus, wie das Schönheitsideal unserer modernen Zeit seine Inspirationen aus der Vergangenheit bekommen hat und versucht dazu ein formloses Ideal hervorzubringen. Die zeitlich begrenzten Effekte auf den Objekten betonen sich in der Stille der Zeit und in der Veränderungen der Perspektive der Menschheit.
Von einer Open-Source-Plattform wurden gescannte antike Figuren aus einem Museum als 3D-Modell heruntergeladen, anschließend in einem 3D-Programm deformiert und mit einem 3D-Printer ausgedruckt. Nach der handwerklichen Nachbearbeitung wurden den Figuren zeitlich begrenzte organische Effekte und Elemente (Schaum, Salbe, Essig et cetera) hinzugefügt, um sie anschließend in einer Fotostrecke darzustellen.
Unter dem Motto »Von Winckelmann inspiriert – Bauhaus-Künstler zwischen moderner Antike und antiker Moderne« haben wir Künstlerinnen und Künstler der Bauhaus-Universität Weimar dazu eingeladen, sich kreativ mit Johann Joachim Winckelmann und seinem Wirken zu beschäftigen. Bis zum Ende der Ausstellung am 2. Juli veröffentlichen wir die unterschiedlichen Ergebnisse dieser künstlerischen Zusammenarbeit wöchentlich im Blog.
Die Ausstellung »Winckelmann. Moderne Antike« ist vom 7. April bis 2. Juli 2017 im Neuen Museum in Weimar zu sehen.
Das Griechische Schnheitsideal Winckelmanns:
“Der Gott war zum Menschen geworden, um den Menschen zum Gott zu erheben. Man erblickte die höchste Würde und ward für die höchste Schönheit begeistert. In diesem Sinne kann man wohl jenen Alten Recht geben, welche mit völliger Überzeugung aussprachen: es sei ein Unglück zu sterben, ohne dieses Werk gesehen zu haben.
Für diese Schönheit war Winkelmann, seiner Natur nach, fähig, er ward sie in den Schriften der Alten zuerst gewahr; aber sie kam ihm aus den Werken der bildenden Kunst persönlich entgegen, aus denen wir sie erst kennen lernen, um sie an den Gebilden der lebendigen Natur gewahr zu werden und zu schätzen…” (Goethe)