Das Gartenkunstwerk
ist wieder komplett
Die Naturbrücke im Park an der Ilm wurde aufwendig saniert und hochwassersicher gemacht. Mit ihrem geschwungenen Holzgeländer nimmt sie den Charakter des Umfelds auf.
Die 1799 errichtete Naturbrücke wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut und erneuert. Sieben Bauzustände sind überliefert. An dieser Stelle im Park an der Ilm gab es bereits eine Bogenbrücke mit Naturholzgeländer, eine gerade Brücke mit metallener Brüstung und den Neubau mit weißem Holzgeländer aus dem Jahr 2002, der vielen vertraut sein wird. Das große Hochwasser 2013 hatte sie so schwer geschädigt, dass eine Sanierung unmöglich, der Abriss unumgänglich geworden war. Jetzt wurde der Neubau fertiggestellt.
Die Naturbrücke mit der angrenzenden Felsentreppe bzw. dem Nadelöhr und dem Felsenbrunnen befindet sich in einem der ältesten Bereiche des Parks. Deshalb wurde nicht nur die Entwicklungsgeschichte der Brücke, sondern auch das Umfeld wesentlich in die denkmalpflegerische Zielstellung mit einbezogen, die von der Gartendenkmalpflegerin Jenny Pfriem erarbeitet wurde. „Der Park an der Ilm ist nicht einfach nur eine Grünanlage, er ist ein Gesamtkunstwerk. Die Gestalter haben alles geplant und so angelegt, dass die Besucherinnen und Besucher durch emotional anregende Stimmungsbilder wandeln“, sagt Franziska Rieland, Referentin Gartendenkmalpflege. Das floss wesentlich in die Planungen mit ein.
Grundsätzlich ist es das Ziel, den Park mit allen historischen Elementen zu erhalten und – wo möglich – die Gestaltung zur Zeit von Herzog Carl August wieder herauszuarbeiten. Dennoch muss im Einzelfall abgewogen werden, da es in einem Park mit so wechselvoller Geschichte häufig keine eindeutig richtige oder falsche Interpretation gibt. „Der Vorgängerbau mit weißem Geländer orientierte sich an einem historisch früheren Zustand. Wir haben uns nun für eine Form entschieden, die den Zustand nach 1800 wieder aufgreift“, sagt Baureferentin Susanne Reip. Dieser Zustand komplettierte die waldartige Szenerie mit einer Brücke, die möglichst nicht technisch, sondern wie gewachsen aussah.
Die neue Brücke ist keine bloße Rekonstruktion. Sie greift den Gedanken des Ortes auf und ist mit ihrem hölzernen Geländer, das verschlungenem Astwerk gleicht, in Anlehnung an das historische Vorbild gestaltet. Mit der Zeit wird das Holz altern und eine gewisse Patina ansetzen. Die Gestaltung ist historisch inspiriert, Technik und Materialien sind neu. Zwei 14 Meter lange Stahlträger bilden den Unterbau, der künftigen Hochwassern trotzen wird. Auch die weiteren Materialien wie die Eichenbohlen des Gehbelages und das aus dem widerstandsfähigen Holz der Robinie gefertigte Naturholzgeländer sollen eine lange Haltbarkeit gewährleisten.
Gebaut wurde die Brücke so, dass die Belastung für den historischen Park, die Ilm und die angrenzende Vegetation möglichst gering war. Die vorhandenen Widerlager, also jene Bauteile, auf denen die Brücke an den Ufern aufliegt, wurden verstärkt und werden weiter genutzt. So konnte eine größere Baugrube vermieden werden, die die Wurzeln angrenzender Bäume geschädigt hätte. „Wir konnten eine Kaukasische Flügelnuss und eine Linde als direkte Nachbarn erhalten“, sagt Frau Reip.
Auch das Umfeld wurde dem Zustand des Parks zu Carl Augusts Zeiten angenähert. Der Sternwiesenweg wird derzeit etwas verbreitert und es wurde ein kleiner Platz an der Ostseite angelegt, wie er bis 1855 bestand. Herausgearbeitet wurde auch der Kontrast zwischen der westlichen und östlichen Uferseite. „Die westliche Uferseite ist geprägt von schmalen, durch Felsen führenden Wegen und dicht gepflanzten Bäumen. Der Bereich soll dadurch introvertiert und melancholisch wirken, gerade auch im Zusammenhang mit dem benachbarten Borkenhäuschen und der Felsentreppe.“ Die Stimmung sei – mit den damaligen Worten – etwas schauerlich.
„Betritt der Besucher nun die Brücke in östliche Richtung, so gelangt er zur offener gestalteten Ostseite und es überkommt ihn ein heiteres Gefühl“, sagt Frau Rieland. Der Blick schweift über die hellen Ilm-Wiesen. Im Hintergrund ist, gerahmt durch einzelne Bäume im Vordergrund, Goethes Gartenhaus zu sehen. Franziska Rieland wünscht sich, dass der Park stärker als Gartenkunstwerk wahrgenommen wird – als ein begehbares Gesamtkunstwerk, bewusst gestaltet, gärtnerisch gepflegt und mit erlebbaren Stimmungsszenerien. Durch den Neubau der Brücke sind sie nun wieder komplettiert.