Rüdiger Franke mit den Stiftern Ulla und Eberhard Jung, Foto: Frank Karmeyer

Rüdiger Franke, Überlagerung im Raster, 2013

Das Kuratorium der Stiftung Ulla und Eberhard Jung vor der prämierten Arbeit von Rüdiger Franke (v.l.n.r.: Eberhard Jung, Prof. Klaus Nerlich, Dr. Jörk Rothamel, Dr. Kristin Knebel, Ulla Jung, Dr. Stephan Dahme)

Das Minimale als Leitgedanke

Rüdiger Franke ist Preisträger der Stiftung Ulla und Eberhard Jung. Im Interview spricht er über seinen prämierten Holzschnitt „Überlagerung im Raster“.

Herr Franke, mit welcher Technik und welchen Gestaltungsprinzipien haben Sie hier gearbeitet?

Es ist ein Prinzip meiner Arbeit, mit so wenig Material und Gestaltungskomponenten wie möglich zu arbeiten. Bei dem Holzschnitt wollte ich mit nur einer Druckplatte und zwei Gestaltungselementen einen komplexen Mehrfarbdruck herstellen. Dazu habe ich beide Seiten der Holzplatte verwendet. Auf der Vorderseite sind in engem Abstand Linien eingearbeitet, die sich parallel über die ganze Fläche ziehen. Die Rückseite blieb unbearbeitet, sodass ich hier eine homogene Farbfläche drucken konnte. Diese Farbfläche habe ich dann mit den Linien der Vorderseite zunächst farbig und dann noch einmal ­– leicht verschoben – schwarz überdruckt. Dadurch beginnen die drei Ebenen zu verschmelzen. Es entsteht der Eindruck einer Tiefe, der durch die waagerechte Anordnung der Linien noch verstärkt wird. Tatsächlich ist für mich hier der Gedanke des Minimalen, sowohl im Materialeinsatz als auch im Einsatz der Gestaltungsmittel, zum ersten Mal wirklich Leitsatz geworden.

Also stellt der Holzschnitt „Überlagerung im Raster“ für Sie eine Schlüsselarbeit dar?

Ja, das ist absolut eine Schlüsselarbeit. Es gibt ganz viele Vorarbeiten zu ihr, die viel kleiner sind und im Rückblick als eine Art Testlauf angesehen werden können. Außerdem war es die erste große „Quadratarbeit“, die im Werkprozess ganz neue Möglichkeiten eröffnet, weil ich die Platte beim Druck nicht nur spiegeln, sondern auch kreuzen kann. Auf diese Art und Weise entstehen auch richtige mathematische Raster. Und so habe ich nach dieser Methodik viele ähnliche Platten geschnitten und immer neue Kombinationen ausprobiert. Erst an diesem Punkt habe ich dann auch entschieden, abstrakt zu arbeiten und in meinen Werken ganz auf die Figur und den Gegenstand zu verzichten.

Rüdiger Franke, Überlagerung im Raster, 2013

Rüdiger Franke, Überlagerung im Raster, 2013

Auch auf das Leben?

Nein, genau darauf zielt die Suche nach der Essenz eines Bildes, wo man dann selbst denkt: „Ach, guck mal an, diese eigentlich starre, geometrische Form, die am Anfang stand, ist doch voller Leben.“ Hier ist nicht einfach Fläche neben Fläche oder Linie neben Linie gesetzt, sondern es „vibriert“. Das liegt bei der Arbeit „Überlagerung im Raster“ natürlich auch am alten Medium, dem Holzschnitt, und daran, dass es reine Handarbeit ist. Auch wenn ich das Messer ganz gerade über eine Führung gleiten lasse, erkennt man diese Handarbeit am Ende. Das mehrfache Wiederholen der Linie im „Raster“ wurde außerdem durch eine leichte Versetzung und Drehung der Druckplatte nochmals belebt. Das ist eigentlich ein sehr einfaches Prinzip! Und das ist es auch, was mich interessiert: Die einfachen Lösungen zu finden, und trotzdem ein tolles Ergebnis damit zu erzielen.

Ist das für Sie auch eine Lebenseinstellung?

Ja, es hat auch etwas mit meiner grundsätzlichen Lebenseinstellung zu tun. Der Überfluss, den wir zurzeit erleben, belastet mich schon sehr! Auch in der Kunst gibt es eine Art Überfluss, der uns nachdenklich machen könnte. Oft braucht man auch hier so viel, so viele Anreize, um kreativ zu sein. Für mich ist es daher wirklich ein Prinzip, zu sagen: „Also nein, das brauchen wir eben nicht!“ Es geht für mich vor allem darum, zu versuchen, mit diesen wenigen Elementen etwas konsequent durchzubuchstabieren, auszuloten und immer wieder zu suchen, was eigentlich noch damit geht. Oder die wichtigen Elemente überhaupt erst klar herauszustellen, als Angelpunkt eines Bildes, der alles entscheidet. Alles Drumherum, dieser ganze Schmuck kann dann einfach mal weggelassen werden.

Das Kuratorium der Stiftung Ulla und Eberhard Jung vor der prämierten Arbeit von Rüdiger Franke (v.l.n.r.: Eberhard Jung, Prof. Klaus Nerlich, Dr. Jörk Rothamel, Dr. Kristin Knebel, Ulla Jung, Dr. Stephan Dahme)

Das Kuratorium der Stiftung Ulla und Eberhard Jung vor der prämierten Arbeit von Rüdiger Franke (v.l.n.r.: Eberhard Jung, Prof. Klaus Nerlich, Dr. Jörk Rothamel, Dr. Kristin Knebel, Ulla Jung, Dr. Stephan Dahme)

Was bedeutet es für Sie, dass sich der Holzschnitt „Überlagerung im Raster“ nun in einer musealen Sammlung befindet?

Ich freue mich sehr! Es ist die erste Arbeit von mir, die sich in einer musealen Sammlung befindet. Das hat für jeden Künstler eine große Bedeutung. Und es ist für mich natürlich auch schön, dass die Arbeit bei der Klassik Stiftung Weimar nun in einem ganz bestimmten Kontext erscheint. Es ist schon etwas Besonderes, jetzt in gewisser Weise mit den Künstlern des Bauhauses in einer Sammlung zu sein. Das Bauhaus mit seiner inzwischen 100-jährigen Geschichte finde ich wahnsinnig spannend. Hier sind so viele Grundregeln der Gestaltung entwickelt worden, die auch für mich heute immer noch aktuell sind!

Weitere Preisträger im Interview:

5 Fragen an Kathy Schubert

5 Fragen an Künstlerin Carolin Gasse

5 Fragen an Anna Härtelt