Die Ausbildung am Bauhaus I
Hans Martin Fricke gehörte mit 18 Jahren zu den jüngsten Absolventen des Staatlichen Bauhauses in Weimar. Wir zeigen die Stationen seiner Ausbildung. Teil 1: Vom Vorkurs bei Johannes Itten zu den freien künstlerischen Arbeiten.
Der Vorkurs am Bauhaus wurde von Johannes Itten ab 1919 entwickelt und als obligatorisches Probesemester für alle Studierenden eingeführt. Es beinhaltete die gestalterische Grundlagenausbildung und Materiestudien in der Vorlehrewerkstatt, die ab 1923 von Josef Albers geleitet wurde.
Zur Ausbildung gehörten die Sensibilisierung und Schulung aller Sinne ebenso wie Konzentrationsübungen, die an asiatische Meditationstechniken anknüpften. Schließlich ging es um die Entdeckung der eigenen Persönlichkeit, der eigenen Talente, Stärken und Schwächen. Die Studierenden sollten selbst erkennen, für welches Material und welche Bauhaus-Werkstatt sie besonders geeignet und begabt sind.
Rhythmusstudien, oft beidhändig, wurden ebenso gelehrt wie die Kontrastlehre oder die »Analyse alter Meister«. Diese von Itten entwickelte Analysemethodik versuchte, mit Sprache oder mathematischen Verfahren wie Arithmetik und Geometrie sowie abstrahierendem Zeichnen zum Wesen bildkünstlerischer Werke vorzudringen.
Schließlich konnte in der Vorlehrewerkstatt der Umgang mit verschiedenen Materialien geübt werden, das Erkunden ihrer Eigenschaften und konstruktiven Möglichkeiten. Kreatives Spielen wurde zum Ausgangspunkt für gestalterische Arbeit.
Abgerundet wurde der Vorkurs durch Naturstudium und Aktzeichnen, wobei die Objekte und Figuren meist aus dem Gedächtnis zu zeichnen waren.
Ab 1922 konnte Fricke die unterschiedlichen Impulse der künstlerischen Moderne durch Kurse zu den gestalterischen Grundlagen Form und Farbe bei Itten, Klee und Kandinsky aufnehmen, aber auch durch die unmittelbare Auseinandersetzung mit den Werken dieser Bauhaus-Meister. Der Einfluss der Meister ist in einigen freien Arbeiten Frickes deutlich erkennbar.
Die meisten dieser Blätter zeigen aber bereits die Entwicklung einer eigenständigen künstlerischen Handschrift zwischen ungegenständlicher Abstraktion und abstrahierten Naturmotiven: ein pluralistischer Ansatz, wie ihn das Bauhaus vermittelte. Auch finden sich Karikaturen, die die heitere Atmosphäre am frühen Bauhaus belegen.
In der druckgrafischen Werkstatt, die unter der Leitung Lyonel Feiningers stand und für alle Studierenden und Lehrenden offen war, fertigte Fricke Linolschnitte. Darunter findet sich sein eigenes Exlibris mit einer geometrisch-abstrakten Komposition, die wie eine Hochhaus-Landschaft wirkt und seinen Berufswunsch als Architekt andeutet.
Teil 2 befasst sich mit der Zeit Frickes in der Bauhaus-Tischlerei bis zu seinen ersten Architektur-Entwürfen.
Die Ausstellung »Der Bauhäusler Hans Martin Fricke – Möbeldesign, Architektur, freie Kunst« kann bei freiem Eintritt bis einschließlich 12. März 2017 im Schiller-Museum Weimar besucht werden.