Die Ausbildung am Bauhaus II
Hans Martin Fricke gehörte mit 18 Jahren zu den jüngsten Absolventen des Staatlichen Bauhauses in Weimar. Wir zeigen die Stationen seiner Ausbildung. Teil 2: Von der Bauhaus-Tischlerei zu den ersten Architektur-Entwürfen.
Die Tischlerei gehörte mit durchschnittlich 11 Studierenden zu den größten und zugleich profilbestimmenden Werkstätten am Bauhaus. Ab 1922 geben die monatlichen Berichte der Werkmeister einen detaillierten Einblick in die Tätigkeit jedes Mitarbeiters und Studierenden. So lässt sich die Ausbildung Frickes genau nachvollziehen, von der Ausführung eines eigenen Werkzeugschranks über Mitarbeit an der Bauhaus-Ausstellung im Haus Am Horn bis zur Einrichtung der Vorkurswerkstatt von Josef Albers.
Auch an der Herstellung von Kleinserien bestimmter Bauhausprodukte wie dem Schiffbauspiel von Alma Siedhoff-Buscher oder Kästen für das Bauhaus-Schach von Josef Hartwig war Fricke beteiligt. Gropius hatte ab 1923 den Produktivbetrieb der Werkstätten mit serieller Produktion eigener Arbeiten eingefordert.
Damit hatte sich Fricke eine breite Basis für eigene Möbelentwürfe und deren fachgerechte Ausführung geschaffen.
Im Januar 1925 begann Fricke mit Entwürfen zu seinem Gesellenstück, einem Schreibtisch in zahlreichen Varianten. Es folgte die Einrichtung eines gesamten Herrenzimmers, dessen Möbel sich bis heute in Familienbesitz befinden.
Fricke erlebte die Vorbereitungen zur großen Bauhaus-Ausstellung 1923 als Studierender hautnah mit und war an der Ausstattung des Musterhauses Am Horn nach dem Entwurf von Georg Muche selbst beteiligt. Dieses Muster- und Experimentalhaus mit seiner funktionalen Zonierung und Öffnung zur Sonne, den besonders wärmedämmenden Materialien und effizienter Haustechnik, könnte heute durchaus als Ökohaus bezeichnet werden.
Zeitgleich fand im Hauptgebäude des Bauhauses die erste internationale Architekturausstellung der Avantgarde nach dem Ersten Weltkrieg statt. Fricke konnte sich so anhand von Modellen, Entwurfszeichnungen und Fotos einen Überblick über die aktuellen Architekturentwicklungen in Europa und den USA verschaffen.
Im Kontext der zahlreichen Entwürfe zu Meisterhäusern in Weimar, vom »Baukasten im Großen« von Gropius über Typenhausentwürfe von Fred Forbat bis zum »Roten Würfel« von Farkas Molnar, schuf Fricke seine ersten Architekturentwürfe. Sein »Roter Würfel« erscheint wie eine Persiflage des Molnar-Vorbildes, während der Entwurf eines »Hauses mit gerundeter Ecke« eine moderne Villa mit Flachdach zeigt.
Zuletzt dürfte auch der Einblick in das Architekturbüro Gropius, das bewusst alle Bauhauswerkstätten in die Realisierung der Bauten einbezog, den Berufswunsch Frickes in Richtung Architektur verstärkt haben.
Da eine reguläre Architektenausbildung am Bauhaus erst in Dessau mit der Berufung des Schweizer Architekten Hannes Meyer 1927 beginnen konnte, entschied sich Fricke für ein Architekturstudium in seiner Heimatstadt Oldenburg.
Teil 1 behandelt Frickes Zeit vom Vorkurs bei Johannes Itten zu den freien künstlerischen Arbeiten.
Die Ausstellung »Der Bauhäusler Hans Martin Fricke – Möbeldesign, Architektur, freie Kunst« kann bei freiem Eintritt bis einschließlich 12. März 2017 im Schiller-Museum Weimar besucht werden.