Blick in den historischen Mittelsaal. Dieser Raum wird in der Farbgebung der ersten Jahre des Hauses erscheinen und für Ausstellungen genutzt werden. Foto: Manfred Koltes © Klassik Stiftung Weimar

Foto: Manfred Koltes © Klassik Stiftung Weimar

Neues Magazin zur Aufbewahrung der wertvollsten Bestände – bereits gestrichen in der Leitfarbe blau. Foto: Manfred Koltes © Klassik Stiftung Weimar

Fassade nach der behutsamen, materialschonenden Reinigung. Foto: Manfred Koltes © Klassik Stiftung Weimar

Moderne Rollregalanlage im Magazingeschoss. Foto: Manfred Koltes © Klassik Stiftung Weimar

Erdgeschoßmagazin vor der Sanierung – Lagerung der Archivkästen in Bibliotheksregalen. Foto: Manfred Koltes © Klassik Stiftung Weimar

Blick in die im Magazingeschoss neu entstandenen Büroräume noch ohne die Trennwände. Foto: Manfred Koltes © Klassik Stiftung Weimar

Arbeiten zur Erweiterung des Aufzugsschachts. Sichtbar wird auch die alte Deckenkonstruktion. Foto: Manfred Koltes © Klassik Stiftung Weimar

Ein Archiv für die Zukunft

Herr Dr. Koltes, das Goethe- und Schiller-Archiv wird seit Juli 2010 grundsaniert, um die Aufbewahrung der Bestände und die Arbeitssituation der Mitarbeiter des Archivs zu verbessern. Bereits auf den Flächen, die sich vor dem Archiv befinden, werden sichtbar viele Veränderungen vorgenommen. Welche Maßnahmen werden hier genau durchgeführt?

Wie man sieht, ist das Goethe- und Schiller-Archiv frei stehend erbaut worden. Das eigens für die Unterbringung und die Präsentation der wertvollen Handschriften konzipierte Literaturarchiv wurde von Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar und Eisenach finanziert. Die Fläche, auf dem sich das Archiv-Gebäude befindet, war ursprünglich ein angeschüttetes Hanggrundstück, das von einer Stützmauer umgeben war. Diese Stützmauer verbreitert sich an der Basis, gleichsam wie eine Staumauer, um das Grundstück zu sichern. Im Rahmen der Sanierung wird die Stützmauer nun vor dem Archiv geöffnet, um in dem einstmals aufgeschütteten Bereich zusätzlichen Büroraum und Magazinflächen entstehen zu lassen. Neben diesen Maßnahmen wurde die Fassade des Archivs gereinigt und die Mauer, die das Archiv-Gebäude umgibt, neu gefestigt. Zudem bekommen die darauf befindlichen schmiedeeisernen Gitter einen neuen Anstrich.

Sie sagten, die Fassade sei gereinigt worden, warum ist sie dann immer noch relativ dunkel?

Um das Material der Fassade des Gebäudes zu schützen, wurde auf eine intensive Tiefenreinigung verzichtet. Eine solche Reinigung hätte die Steine der Fassade zu sehr angegriffen.

Wurden auf dem Außengelände des Archivs noch weitere Änderungen vorgenommen?

Allerdings, da es im Archiv ursprünglich keine eigenen Magazine gab, und die zuletzt als Magazin genutzten Räume keineswegs optimal für die Aufbewahrung des wertvollen Archivguts waren, ist nun im Keller des Gebäudes und unter dem Platz vor dem Archiv ein neues Tiefmagazin entstanden. Aus diesem Grund wurde der Kellerboden des historischen Gebäudes tiefergelegt, um einen stufenlosen Übergang vom Magazinneubau zum historischen Kellerbereich zu ermöglichen. Gleichzeitig wurde die Bodenfläche vor dem Gebäude im Niveau etwas angehoben. Zu guter Letzt wurde auch der Feuchtigkeitsschutz des Kellers durch eine Drainage und neuen Putz verbessert. Zu unserer Freude hat der Ginkgobaum neben dem Archiv bislang alle Baumaßnahmen gut überstanden.

Wir stehen nun vor dem Haupteingang des Archivs und genießen den wundervollen Blick über Weimar.

Wie wird der neue Eingang des Archivs nach der Fertigstellung aussehen?

Zunächst einmal wird die Treppe zum Eingang weiter vorgezogen als die vorherige. Bei der Gestaltung des neuen Eingangs liegt uns vor allem die Barrierefreiheit für die Nutzer am Herzen. Neben den beiden Treppenstufen werden Rampen neben der Treppe für einen problemlosen Zugang sorgen. Außerdem wird es eine automatische Türöffnung geben, die durch einen Druckknopf vor dem Eingang ausgelöst werden kann.

In der Eingangshalle des Archivs zeichnen sich größere Veränderungen ab. Wie werden die Nutzer und Besucher des Archivs ab dem nächsten Jahr hier begrüßt werden?

Es wird viel übersichtlicher und freundlicher werden. Die Pfeiler im Eingangsbereich wurden gründlich gereinigt, und auch der restliche Raum soll viel heller werden. Unser Ziel ist es, so nah wie möglich an die ursprünglichen Farben heranzukommen. Insbesondere die Ornamente werden durch das helle Farbkonzept viel besser zur Geltung kommen.

Die alte Pforte rechts neben dem Eingang, die oft von Gästen übersehen wurde, wird nun durch einen neuen Empfangstresen auf der linken Seite der Halle, zwischen dem Eingang zum technischen Lesesaal und der Treppe, ersetzt. Auf der rechten Seite der Halle wird es außerdem eine Art »Cafeteria« geben, in der sich Mitarbeiter und Nutzer Getränke zubereiten und ihre Pausenbrote essen können. Gegenüber wird der neue Technik-Lesesaal eingerichtet, dessen Zugang über eine Glastür erfolgt. Dort haben unsere Nutzer die Möglichkeit, die Bestände zu studieren, ohne dabei mit den Originalen zu arbeiten. Sie können hier die verfilmten Bestände und künftig auch verstärkt digitalisierte Bestände nutzen.
Vorbei an Bauarbeitern, denen der anfallende Staub die Haare weiß gefärbt hat, sind wir inzwischen im Keller des Gebäudes angekommen.

Wir befinden uns nun im neuen Magazin. Wie wird die Lagerung der Bestände künftig aussehen?

Das neue Aufbewahrungssystem der Bestände ist sehr modern und platzsparend. Zunächst einmal wurden für das neue Magazin im historischen Gebäude die Stützsäulen aus den Kellerräumen komplett entfernt und durch komplexe statische Lösungen ersetzt. Durch diese Maßnahme konnten wir unglaublich viel Platz gewinnen. Ein Großteil dieser Fläche wird nun durch die neue Kompaktanlage belegt; dieses System lagert die Bestände in Rollregalen, die durch eine Hebelanlage auf Schienen verschiebbar sind. Dadurch wird es möglich, trotz der Platzeinsparungen problemlos an alle Bestände heranzukommen. Es entsteht die auf den ersten Blick paradoxe Situation, dass wir künftig auf weniger Grundfläche mehr Archivgut als bislang sachgerecht unterbringen können, indem weniger Platz »verschwendet« wird. Sogar Besucher können sich diesen Teil des Magazins ansehen: dank dieses Fensters. Es ist eine Glaswand, die den Blick auf das Innere des Magazins ermöglicht, ohne dass Besucher es betreten müssen. Unsere Bestände werden natürlich auch vor Brandkatastrophen geschützt sein. Die Decke des Magazins hat einen speziellen Verputz erhalten. Des Weiteren wird es in unserem Archiv auch eine Gaslöschanlage geben, die den Sauerstoffgehalt der Luft im Ernstfall auf 11 bis 12 % reduziert. Ein mögliches Feuer könnte somit aufgrund des geringen Sauerstoffgehaltes nicht weiterbrennen. Im Neubauteil des Magazins werden dann unsere wertvollsten Bestände in der so genannten Schublade aufbewahrt. Unmittelbar daneben wird es weitere Arbeitsräume geben, in denen die Mitarbeiter nur kurze Transportwege bei der Arbeit mit den Archivalien haben werden.

Wird das Magazin auch klimatisiert sein?

Ja, das Magazin wird klimatisiert sein. Allerdings wird sich die Klimaanlage nicht im Magazin selbst befinden, sondern in Technik-Räumen, die sich im Keller im Übergangsbereich vom historischen Gebäude zum unterirdischen Anbau befinden. Auch der Lesesaal in der 1. Etage wird klimatisiert sein, allerdings von oben. Dank dieser Lösung konnte man auf Lüftungsschächte in der »Beletage« verzichten.

Auf der »Beletage« wurden bisher Handschriften in Glasvitrinen ausgestellt, wie werden Sie die Räumlichkeiten in der 1. Etage in Zukunft nutzen?

Diese Etage haben wir in ihrer Nutzung aus klimatischen und organisatorischen Gründen um 180 Grad »gedreht«. Vom mittleren Raum, dem Mittelsaal, ausgehend wird in dem rechten Raum ein Benutzersaal für Handschriften entstehen. Dort wird es rechts neben dem Eingang den Empfangs- und Aufsichtstresen geben, direkt dahinter befindet sich der Bereitstellungsraum für die Archivalien mit Zugang zum Aufzug. In diesem Lesesaal werden unsere Nutzer 5m lange Arbeitstische und verschließbare Rollcontainer zur Aufbewahrung ihrer Arbeitsmaterialeien vorfinden. Das Zimmer hinter dem Benutzersaal ist das ehemalige Direktorenzimmer, welches nun als zweiter Lesesaal dienen wird. In diesem dann klimatisierten Raum können ebenfalls Manuskripte eingesehen werden. In dem Raum, der sich genau auf der anderen Seite der »Beletage« befindet, wird ein Vortragsraum eingerichtet. Über »Bodentanks« wird der Raum mit der neuesten Technik ausgestattet. Mit einer Bestuhlung für bis zu 80 Personen kann der Saal ideal für kleine Konferenzen, Seminare oder Tagungen genutzt werden. Dazu wurden die neuen Fenster, die nach Anforderungen des Denkmalschutzes und dem historischem Erscheinungsbild angefertigt wurden, mit Jalousien ausgestattet. Um den ursprünglichen Raumeindruck dieser Etage für Besucher erlebbar zu machen, sind Benutzer- und Vortragssaal mit Glastüren versehen.

Sie sagten bereits, dass der Bereich für die Nutzer oberhalb der »Beletage« endet. Können Sie beschreiben, wie der restliche Bereich für die Mitarbeiter aussehen wird?

In der zweiten Etage werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Goethe- und Schiller-Archivs arbeiten. Die Klimatisierungsanlage für den Lesesaal, die ich bereits erwähnt habe, wird hinter Leichtbauwänden in einen ehemals »gefangenen« Raum ebenfalls auf dieser Etage geleitet. Auf der obersten, der 3. Etage, werden künftig Restaurierungs- und Digitalisierungswerkstätten untergebracht. In dieser Kombination ist das hinsichtlich der Arbeitsabläufe optimal. Die Transportwege für die Bestände reduzieren sich in wünschenswerter Weise und die Archivalien können unmittelbar in Absprache mit den Restauratoren unter optimalen konservatorischen Rahmenbedingungen digitalisiert werden. Die 3. Etage erreicht man über den Fahrstuhl und das neue Sicherheitstreppenhaus, das im Falle eines Unglücks auch als Fluchtweg dient.

Lieber Herr Koltes, ich danke Ihnen für dieses Gespräch!

Von Daniela Nickel