Goethe, Schiller und die Weimarer Klassik
Die Tür zu den „verborgenen Schätzen der Erde“
„Wo der Mensch im Leben hergekommen, die Seite, von welcher er in ein Fach hereingekommen, läßt ihm einen bleibenden Eindruck […]. Ich aber habe mich der Geognosie befreundet, veranlaßt durch den Flözbergbau. Die Konsequenz dieser übereinander geschichteten Massen zu studiren, verwandte ich mehrere Jahre meines Lebens“,
schrieb Goethe rückblickend 1829.
Auslöser für Goethes naturwissenschaftliches Interesse, insbesondere für Geologie und Mineralogie, war eine seiner ersten Aufgaben als Geheimer Legationsrat. Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach wollte den Silber- und Kupferbergbau in Ilmenau neu beleben. Der Abbau war 1739 durch einen Wassereinbruch zum Erliegen gekommen, wodurch die Haupteinnahmequelle in der Region verloren gegangen war.
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Rauchtopas, aus Goethes Sammlungen
Goethe wurde 1776 Mitglied der von Carl August gegründeten Bergbaukommission und wenige Jahre später deren Leiter. In seiner Eröffnungsrede für den neuen Ilmenauer Bergbau am 24. Februar 1784 sagte Goethe:
„Dieser Schacht, den wir heute eröffnen, soll die Türe werden, durch die man zu den verborgenen Schätzen der Erde hinabsteigt, durch die jene tiefliegende Gaben der Natur an das Tageslicht gefördert werden sollen. Wir selbst können noch, wenn es uns Gott bestimmt hat, da auf- und niederfahren und das, was wir uns jetzt nur im Geiste vorstellen, mit der größten Freude vor uns sehen und betrachten.“
Letztlich scheiterte das Projekt – anders als erhofft fand sich kein ergiebiges Kupfererzvorkommen. Ein Wassereinbruch brachte das Unternehmen schließlich vollends zum Erliegen. Dennoch prägte die Aufgabe ganz entscheidend Goethes naturwissenschaftliche Interessen. Beispielhaft hierfür steht eine detaillierte Beschreibung seines Ausflugs nach Zinnwald an der Grenze zwischen Böhmen und Sachsen im Juli 1813. Der Zinnabbau dort interessierte ihn besonders, da der Dichter Zinn für das erste entstandene Metall hielt.
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Bergkristall, aus Goethes Sammlungen
Noch am Abend der Ankunft in Zinnwald untersuchte Goethe die auf Halden liegenden Gesteine und traf sich mit dem Bergbeamten Johann Gottlieb Mende. Am darauffolgenden Tag ließ er sich ausführlich die Beschaffenheit der Grube Vereinigt-Zwitterfeld erläutern, beobachtete die Bergleute, wie sie Zinn vom anhängenden Gestein trennten und ließ sich Musterstücke verschiedener Gesteine für seine Sammlungen abschlagen. Nach ausführlichen Gesprächen mit Fachleuten verabredete sich Goethe mit dem Steiger der Grube, um den Stollen zu durchfahren.
Die sogenannten Fahrten eines Bergwerks bestanden aus Leitern, über die man in Etappen die Höhenunterschiede im Berg überwand. Etwa 600 Meter stieg Goethe in den Berg hinein und erlebte selbst, was ihm am Tag zuvor erklärt worden war. So konnte er auch die gesammelten Proben vom Vortag besser ordnen. Noch heute ist dieser Ausflug direkt in Goethes Sammlung nachvollziehbar. Die Zinnwalder Suite enthält Gesteine und Mineralien, die Goethe in seinem Bericht beschreibt.
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Kristallisierter Sandstein, Schenkung von Wilhelm von Humboldt 1798, aus Goethes Sammlungen
Literaturstudium, Fachgespräche und die Anschauung von zugesandten Sammlungsstücken reichten Goethe nicht, um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Er wollte vor Ort sein und mit Bergleuten sprechen, um die Gesteine richtig einordnen und für weiterführende Untersuchungen verwenden zu können. Dabei ging es ihm nicht um besonders schöne Schaustücke, sondern um umfangreiches Vergleichsmaterial.
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Gipsabguss eines sibirischen Goldklumpens, erhalten von Ferdinand Justus Christian Loder 1828, aus Goethes Sammlungen
Auch wenn das Bergbauprojekt in Ilmenau scheiterte, ließ ihn das Thema nicht mehr los. Bis in die letzten Lebensjahre verfolgte Goethe die Entwicklung der Geowissenschaften, baute seine Sammlungen immer weiter aus und bezog zu neuen Thesen und Veröffentlichungen Stellung.
Dieser Blogbeitrag ist eine Kurzform des Texts „Das Bergwerk“ von Kristin Knebel aus dem Katalog zur Ausstellung „Abenteuer der Vernunft – Goethe und die Naturwissenschaften um 1800“, herausgegeben von Kristin Knebel, Gisela Maul und Thomas Schmuck, erschienen beim Sandstein Verlag.
Bis zum 16. Februar 2020 präsentieren wir erstmalig Goethes umfassende naturwissenschaftliche Sammlung. Zwischen den Diskursen der sich formierenden Naturwissenschaften um 1800 und heutigen Fragestellungen entwickelt sich ein spannungsreicher Themenparcours mit innovativen Medienstationen.
Zur Ausstellung „Abenteuer der Vernunft”
Liebe Frau Knebel, besten Dank für den informativen Beitrag. Eine kleine Korrektur möchte ich anbringen (ohne hoffentlich besserwisserisch zu wirken): Goethe war in Zinnwald – ohne e am Schluss. Falls Sie den Text noch einmal verwenden, können Sie das ja leicht korrigieren.
Herzliche Grüße
Rolf Heilmann
Lieber Herr Heilmann,
haben Sie vielen Dank für Ihren Hinweis. Wir haben die Korrektur vorgenommen.
Viele Grüße
Ihre Klassik Stiftung Weimar
Als Freund der Geologie und Mineralogie sowie späterer Leiter der Bergbaukommission pflegte Herr von Goethe sicher den Kontakt zur 1765
gegründeten Bergakademie Freiberg.
Ein kleines Gedicht über die altehrwürdige
Lehranstalt für Montanwissenschaften:
BERGAKADEMIE FREIBERG
Alma Mater Freibergensis –
Wahrer Hort der Erkenntnis.
Geholt hat das Collegium
Für Sachsen Ehre und Ruhm.
Die stolze Bergakademie
Beherbergte so manch Genie.
Lomonossow sei hier genannt,
Humboldt ist weithin bekannt.
In der langen Geschichte
Setzte man zeitig Gewichte.
Elemente wurden entdeckt,
Ständig neue Ziele gesteckt.
Den Sozialismus überlebt,
Wurde stark am Profil gewebt.
Von Ideologie befreit,
Ist man für die Zukunft bereit.
Ressourcenuniversität –
Der Name an die TU geht.
Ökonomie wird vermittelt,
An alten Thesen gerüttelt.
Die Energie steht im Fokus,
Man reformierte den Guss.
Die Geologie wird gelehrt,
Verhüttung bestens erklärt.
Man unterrichtet Erzabbau,
Erforscht die Metalle genau.
Solartechnik bringt man nah,
Auch Kohle ist noch Thema.
Zur Erholung vom Studieren
Ist in der Stadt gut flanieren.
Man geht hinaus in die Natur,
Genießt erlesene Kultur.
Zum studentischen Treiben
Gehören natürlich Kneipen.
Davon die schöne alte Stadt
Wohl einige zu bieten hat.
Nach Vorlesung und Seminar
Führt der Weg gern mal zur Bar.
Man lacht über Professoren,
Erlebt herrliche Amoren.
Die gute Wahl auf Freiberg fällt
Bei Studenten aus aller Welt.
Man erwirbt fundiertes Wissen,
Doch ist’s kein ewig’ Ruhekissen.
Rainer Kirmse , Altenburg
Ehemaliger Student der Bergakademie
Mit freundlichen Grüßen