Herbst in der Orangerie Belvedere
Den ganzen Sommer über haben Fuchsien, Trompetenblumen und Schmucklilien die steinerne Pyramide des Floraplatzes im Schlosspark Belvedere mit Leben und Farbe gefüllt. Nun sind sie verschwunden. Die Statue der Flora, Göttin der Blüte und Jugend, thront über einem leeren Platz.
Die Kübelpflanzen wurden von den Gärtnern bereits in das Orangerie-Gebäude geräumt, wo sie frostfrei überwintern können. „Wir waren insgesamt 14 Tage mit dem Einräumen im Herbst beschäftigt“, sagt Andreas Petzold, Revierleiter der Orangerie Belvedere. Als erstes kamen die empfindlichen Zitruspflanzen ins Winterquartier. Die Bitterorangen, auch Pomeranzen genannt, gaben der Orangerie einst ihren Namen und sind bis heute das wichtigste Gestaltungselement. Zu ihnen haben sich in den letzten Wochen die Palmen gesellt. Im Nordflügel finden vor allem Kamelien, Myrten, Oliven und Agaven ihre Winterruhe. Früher überwinterten dort auch Schwäne, weshalb der Nordflügel in einigen Dokumenten „Schwanenhaus“ heißt.
Die riesigen Pflanzenkübel gelangten mit Gabelstapler, Hubwagen und sehr viel Muskelkraft an ihren Platz. Früher wurden die größten Bäume mit der historischen Transporttechnik, beispielsweise dem Zypressenwagen, hereingeholt. Heute gibt es andere technische Möglichkeiten. Im Langen Haus verbirgt sich sogar eine Schienenkonstruktion – die schweren Kübel können auf einzelnen Transportwagen bewegt werden.
Erstaunlicherweise müssen die Häuser im Winter, je nach Witterung, nur wenig beheizt werden. Die Temperaturen in den sogenannten Kalthäusern werden um 5°C gehalten. „Das regeln wir vor allem über unsere historische Kanalheizung, die Fenster und unsere Belüftungsanlage“, sagt Andreas Petzold. Ab einer Außentemperatur unter 0°C schließen sich die oberen Fenster automatisch. Das Neue Haus ist eine Ausnahme: Da dort die besonders empfindlichen Pflanzen überwintert werden, liegt die Temperatur um 10°C.
Zur Zeit des Großherzogtums regelte die Beschaffenheit der Fenster das Raumklima. Jedes Fenster war einfach verglast und bestand aus kleinen, sich überlappenden Scheiben. Durch die Luftfeuchtigkeit bildete sich Kondenswasser, das in die Zwischenräume floss. Wurde es draußen richtig kalt, gefror das Wasser und verschloss die Fenster. Die warme Morgensonne taute das Eis auf und ließ wieder Luft hinein. Zusätzlich wurden zum Schutz gegen starken Frost Holzplanken von außen an die Fenster angebracht, die je nach Temperatur abends auf- und morgens wieder abgebaut werden mussten.
Trotz der Maßnahmen zur Überwinterung der Pflanzen hält in der Gärtnerei bereits der Frühling Einzug. Im Gewächshaus, von Andreas Petzold liebevoll „Pflanzenkindergarten“ genannt, wird die neue Generation Sommerblumen für die Saison 2020 herangezogen.
Auch draußen werden bereits erste Vorbereitungen für den Frühling getroffen. Die Gärtner füllen die Beete mit Blumenzwiebeln, die im kommenden Jahr zu Kaiserkronen, Narzissen, Hyazinthen und Tulpen erblühen werden.
Dann erhält auch die Göttin Flora ihre Pflanzen zurück. Bis dahin muss sie noch ein paar Monate allein auf ihrem Platz im Schlosspark verbringen.