Lutherschriften in Weimar
Obwohl die Herzogliche Bibliothek in Weimar unter dieser Bezeichnung erst fast 150 Jahre nach Luthers Tod 1546 gegründet wurde, haben die Ernestiner hier die Zeugnisse der Reformation von Generation zu Generation weitergegeben. Sie verstanden sich als Schutzmacht der neuen Bewegung. Die Weimarer Lutherschriften gehören zum ältesten Bibliotheksbestand. Seit Oktober 2015 zählen zwei Titel zum Weltdokumentenerbe: Biblia, das ist die gantze Heilige Schrifft Deudsch, Wittenberg 1534, Signatur: Cl I: 58 (b) und (c) sowie Ein Sermon von Ablass und Gnade, Wittenberg 1518, Signatur: Aut. Luth. 1518 (9). Insgesamt sind knapp drei Viertel aller zeitgenössischen Lutherdrucke in Weimar vorhanden.
Die erste Gesamtausgabe des Alten und Neuen Testaments von Martin Luther gehört zu den Kostbarkeiten der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Nachdem die Übersetzung des Neuen Testaments bereits 1522 erscheinen konnte, beschäftigte sich Luther mehr als zwölf Jahre lang mit der Übersetzung des Alten Testaments.
Zunächst erschienen einzelne Teile davon, bevor das Gesamtwerk in Wittenberg bei dem Druckerverleger Lufft fertiggestellt und im Oktober 1534 auf der Leipziger Buchmesse angeboten werden konnte. Das Weimarer Exemplar der Ausgabe in zwei Bänden unterscheidet sich von den etwa 60 übrigen, die weltweit noch erhalten sind, vor allem durch die Ausmalung der 128 Holzschnitte und Bildinitialen. Sie sind nicht bloß koloriert, sondern mit blauen, grünen und roten Deckfarben prachtvoll ausgemalt und zum Teil mit Gold gehöht.
Vor Luther kannte man bereits 18 deutschsprachige Bibelausgaben, deren Rezeption jedoch nur sehr eingeschränkt möglich war. Gründe hierfür – so erläutert es Stephan Füssel in seinem kulturhistorischen Kommentar zum Faksimile des Weimarer Exemplars von 2002 und 2012 beim Verlag Taschen – waren hohe Preise, ein veralteter Sprachstand und eine eng an der lateinischen Vulgata orientierte Übersetzung mit Verständnisschwierigkeiten und Sinnentstellungen. Bis zu Luthers hochdeutscher Bibelausgabe waren die Texte im Grunde nur verständlich, wenn man die lateinische Version kannte.
Luther war der erste, der den hebräischen, aramäischen und griechischen Urtext zugrunde legte. Damit verbunden war eine Befreiung vom lateinischen Sprachduktus. So entstand ein lebendiger, verständlicher Text. Luther verwendete eine bildreiche Sprache. Wenn die Sache es erforderte, erfand er neue Wörter. So sind »Denkzettel«, »Feuereifer«, »Herzenslust« oder »seine Hände in Unschuld waschen« zum ersten Mal bei ihm belegt.
Beim Sermon von Ablass und Gnade handelt es sich um eine Flugschrift mit nur sechs Textseiten. Er ist im März oder April 1518 bei Johannes Rhau-Grunenberg in Wittenberg erschienen. Der Text wurde im ganzen Reich (Leipzig, Augsburg, Nürnberg, Basel, Braunschweig) sofort nachgedruckt. Ein Manuskript Luthers mit diesem Text ist nicht überliefert, so dass er in der Regel nach dem u.a. in Weimar vorhandenen Druck zitiert wird. Luthers Predigt, die seine 95 kurz zuvor in Latein verfassten Thesen in allgemeinverständlicher Form zusammenfasste, wendete sich gegen den katholischen Ablasshandel. Ihr großer publizistischer Erfolg war u.a. Anlass dafür, dass Luther im Januar 1521 durch den Papst exkommuniziert und im Mai mit Verhängung der Reichsacht durch Kaiser Karl V. in Worms für vogelfrei erklärt wurde.
Beim Bibliotheksbrand am 2. September 2004 konnte die berühmte Lutherbibel zusammen mit Luthers September- und Dezember-Testament von 1522 im letzten Augenblick aus dem Rokokosaal gebracht werden. Die übrige 648 Ausgaben umfassende Bibelsammlung, in deren Mitte sie stand, wurde beschädigt. Inzwischen sind alle Bibeln restauriert und stehen der Benutzung wieder zur Verfügung.
Im Jahr des 500-jährigen Reformationsjubiläums und während des Evangelischen Kirchentags in Berlin und Wittenberg stellt die Herzogin Anna Amalia Bibliothek die Lutherbibel vom 25. bis 28. Mai 2017 im Historischen Bibliotheksgebäude aus.
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Lutherschriften digital:
Martin Luther: Eynn Sermon von dem Ablaß
Band 1 der Lutherbibel
Band 2 der Lutherbibel
Ein kleines Gedicht über den Reformator:
MARTIN LUTHER
In Eisleben kam der Mann zur Welt,
Der Roms Papstkirche in Frage stellt.
In Thüringen erwarb er sein Wissen,
Es wurde ihm nicht zum Ruhekissen.
Wittenberg ist der Name der Stadt,
Von der aus er die Welt verändert hat.
Luther war dieser unbeugsame Mann,
Mit dem ein neues Zeitalter begann.
Die Heilige Schrift prägte sein Weltbild,
Die Bibel war ihm Schwert und Schild.
Aus dem Evangelium nahm er die Kraft,
Es war ihm Weg zu Gott und Lebenssaft.
Die legendären Fünfundneunzig Thesen
Sind für die Menschen Weckruf gewesen.
Weg von Heiligenkult und Ablasshandel
Forderte er den kirchlichen Wandel.
Weder Päpstliche Bulle noch Reichsacht
Haben Luther vom Wege abgebracht.
Vor Fünfhundert Jahren publik gemacht,
Ist mit den Ideen ein neuer Geist erwacht.
Rainer Kirmse , Altenburg
Mit freundlichen Grüßen
Klasse – einfach nur Klasse das Gedicht!
SUPER!