Friedrich Nietzsche, Fotografie, Frühjahr 1869

Friedrich Nietzsche, Ermanarich / Symphonische Dichtung.“, Klavierfassung zu zwei Händen, Michaelis 1862 (links), Junge Fischerin, für Singstimme und Klavier (Text: Friedrich Nietzsche), 1. Fassung, 11. Juli 1865 (rechts)

Friedrich Nietzsche, Hymnus auf die Freundschaft. Vorspiel (Festzug der Freunde zum Tempel der Freundschaft), für Klavier, 1874

Friedrich Nietzsche, „Unsrer Altvordern eingedenk! zwei polnische Tänze. meiner Schwester gewidmet.“, Mazurka, Weihnachten 1862

Nietzsche komponiert

Musik gehörte zu Nietzsches Leben und das nicht erst seit seiner Begegnung mit Richard Wagner. Seine philosophischen Werke und seine Briefe sind durchwoben von Sentenzen und Betrachtungen zur Musik. Dass er auch selbst komponierte, ist indes noch immer kaum bekannt.

„Es fehlte an einigen äussern Zufälligkeiten; sonst hätte ich gewagt, Musiker zu werden. Zur Musik nämlich fühlte ich schon seit meinem neunten Jahr den allerstärksten Zug“,

notiert Nietzsche in einem Entwurf zu seinem Lebenslauf, den er vor Antritt seiner Basler Professur im April 1869 verfasste. Zu diesem Zeitpunkt waren schon die meisten seiner kleinen und größeren Klavierwerke, seine Sonaten, Phantasien und Tänze sowie seine Lieder entstanden. Andere kompositorische Versuche, wie der eines großangelegten Weihnachtsoratoriums, misslangen und sind nur in einzelnen Teilen und Fragmenten überliefert. Doch auch diese zeugen von Nietzsches passioniertem, innigen Verhältnis zur Musik, die er über alle Künste erhob und die ihm wesentliche Stimulanz für sein philosophisches Schaffen war.

„Vielleicht hat es nie einen Philosophen gegeben, der in dem Grade am Grund so sehr Musiker war, wie ich es bin“,

schreibt er am 20. Oktober 1887 an den Dirigenten Hermann Levi.

Friedrich Nietzsche, Ermanarich / Symphonische Dichtung.“, Klavierfassung zu zwei Händen, Michaelis 1862 (links), Junge Fischerin, für Singstimme und Klavier (Text: Friedrich Nietzsche), 1. Fassung, 11. Juli 1865 (rechts)

Friedrich Nietzsche, Ermanarich / Symphonische Dichtung.“, Klavierfassung zu zwei Händen, Michaelis 1862 (links), Junge Fischerin, für Singstimme und Klavier (Text: Friedrich Nietzsche), 1. Fassung, 11. Juli 1865 (rechts)

Die Improvisationen des Vaters am Klavier, denen der kleine Fritz im Röckener Pfarrhaus aufmerksam gelauscht hatte, werden die nie versiegende Leidenschaft für die Tonkunst geweckt haben. Nach dem frühen Tod Carl Ludwig Nietzsches (1813–1849) und der Übersiedlung nach Naumburg schenkte die Mutter dem Sechsjährigen ein eigenes Klavier. Kantor G. Fr. M. Steeger unterrichtete den Knaben und bald schon beeindruckten Mutter und Sohn mit vierhändigen Haydn-Sonaten im „Naumburger Frauenhaushalt“.

Weitere musikalische Impulse erhielt Nietzsche im Hause seines Schulfreundes und „Bruders in arte musica“ Gustav Krug. Hier, in einem Zentrum des musikalischen und geistigen Lebens Naumburgs, empfing man Gäste wie Felix Mendelssohn Bartholdy oder Clara und Robert Schumann. Es wurde musiziert und diskutiert und der junge Nietzsche begeisterte mit seinen „unvergesslichen“ Improvisationen – die vom Vater geerbte Gabe, die ihm selbst nach seinem geistigen Zusammenbruch noch die Seele erquicken sollte.

Friedrich Nietzsche, Hymnus auf die Freundschaft. Vorspiel (Festzug der Freunde zum Tempel der Freundschaft), für Klavier, 1874

Friedrich Nietzsche, Hymnus auf die Freundschaft. Vorspiel (Festzug der Freunde zum Tempel der Freundschaft), für Klavier, 1874

„Gott hat uns die Musik gegeben, damit wir erstens, durch sie nach Oben geleitet werden. Die Musik vereint alle Eigenschaften in sich, sie kann erheben, sie kann tändeln, sie kann uns aufheitern, ja sie vermag mit ihren sanften wehmüthigen Tönen das roheste Gemüth zu brechen. Aber ihre Hauptbestimmung ist, daß sie unsre Gedanken auf höheres leitert, daß sie uns erhebt, sogar erschüttert“,

schreibt der 14-jährige Nietzsche in seiner ersten Autobiographie kurz vor seiner Aufnahme in das renommierte Gymnasium von Schulpforta.

Neben Gedichten und Theaterstücken hatte er damals bereits kleine Kompositionen, Fugen, Sonaten und mehrstimmige geistliche Stücke entworfen. Das kompositorische Rüstzeug eignete er sich nun zielstrebig autodidaktisch an, vor allem anhand der Kompositionslehre Johann Georg Albrechtsbergers, des einstigen Lehrers des von Nietzsche hochverehrten Beethoven. Bald schon gelangen ihm phantasievolle Klavierstücke, symphonische Dichtungen und Lieder – Widmungsgaben und zum gemeinsamen Musizieren mit den Freunden gedacht.

Friedrich Nietzsche, „Unsrer Altvordern eingedenk! zwei polnische Tänze. meiner Schwester gewidmet.“, Mazurka, Weihnachten 1862

Friedrich Nietzsche, „Unsrer Altvordern eingedenk! zwei polnische Tänze. meiner Schwester gewidmet.“, Mazurka, Weihnachten 1862

Nietzsche verstand die Musik als „höchste Mitteilungskunst“, die von den Schranken des Denkens befreit und das Wort überwindend die letzten Wahrheiten auszudrücken vermag. Sie war für ihn Lebenselixier, notwendig, um in seelische Zustände versetzt zu werden, die lebenserträglich für ihn waren.

„Das Leben ohne Musik ist einfach ein Irrthum, eine Strapatze, ein Exil“,

schreibt er am 15. Januar 1888 an seinen „Maëstro“ Heinrich Köselitz alias Peter Gast. Nach dem geistigen Zusammenbruch war es einzig die Musik, die Nietzsche noch bewegte. Aus den Briefen der Mutter an Franz Overbeck wissen wir, dass er noch Beethoven-Sonaten auswendig gespielt und stundenlang am Klavier improvisiert hat.

Unter dem Titel „Nietzsche komponiert. Notenmanuskripte aus dem Nachlass“ präsentiert das Goethe- und Schiller-Archiv vom 14. Februar bis 14. Juni 2020 zum ersten Mal in einer Kabinettausstellung eine Auswahl aus Nietzsches Notenmanuskripten, die in seinem Nachlass ca. 400 Blatt zählen. Eine Hörstation bietet Beispiele aus Nietzsches Klaviermusik.

 

Zur virtuellen Ausstellung „Nietzsche komponiert“

 

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Ein Kommentar

  • ZAUBER DER MUSIK ????

    Wir woll’n musizieren und singen,
    Uns freuen, wenn Lieder erklingen.
    Wir genießen die herrliche Musik,
    Sie ebnet uns den Weg ins Glück.

    Das Reich der wunderbaren Töne
    Eröffnet uns das wirklich Schöne.
    Uns begleitet ständig die Tonleiter,
    Ob wir nun traurig sind oder heiter.

    Wir geh’n zu Opern und Operetten,
    Lauschen Kantaten und Motetten.
    Wir sitzen brav in Klavierkonzerten,
    Ertragen auch Heavy Metal Härten.

    In der Kirche erfreut uns Orgelspiel,
    Die Tonkunst ist immer feines Ziel.
    Die Musik hat uns viel zu geben,
    Musik gehört einfach zum Leben.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Mit freundlichen Grüßen

    Rainer Kirmse , Altenburg -