Glossar: Provenienzforschung
Die Provenienzforschung befasst sich ganz allgemein mit der Herkunft von Kulturgütern und versucht, Aufschluss über frühere Besitzer zu geben. Dabei kann es sich um Gemälde und Autographen, aber auch um Gegenstände wie Bücher oder Möbel handeln. Heute stehen besonders Kulturgüter im Zentrum, die ihren Eigentümern im Kontext der NS-Herrschaft geraubt oder auf andere Weise unrechtmäßig entzogen wurden. Im Jahr 1998 verständigten sich 44 Staaten auf der Washingtoner Konferenz, nach geraubten Kulturgütern zu suchen und sie den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben. Überlassen ist es allerdings den Institutionen selbst, diese Absichtserklärung umzusetzen.
Auch in den Beständen der Klassik Stiftung Weimar befinden sich unrechtmäßig erworbene Kulturgüter. Die Stiftung geht der Identifizierung dieser Objekte und ihren Provenienzen systematisch nach und strebt gerechte und faire Lösungen mit den rechtmäßigen Besitzern an. Seit 2009 verwirklicht die Klassik Stiftung Rechercheprojekte zu NS-Raubgut. 2011 ist diese Aufgabe auch in das Leitbild der Stiftung eingegangen. Das ist besonders wichtig, weil ohne diese Selbstverpflichtung die Grundlage für eine Rückerstattung zumeist fehlen würde.
Hier setzt das aus den Historikern Rüdiger Haufe, Peter Prölß, Sebastian Schlegel und Juristin Jelena Wachowski bestehende Projekt an. Das Forscherteam recherchiert Erwerbungskontexte von Objekten, die Vorgängerinstitutionen der Klassik Stiftung in den Jahren 1933 bis 1939 erworben haben. Allein von 1933 bis 1945 sind rund 35.000 bibliothekarische Neuerwerbungen verzeichnet, von denen bei 10.000 Büchern die Herkunft zunächst nicht ausreichend geklärt war, um einen Verdacht auszuschließen. Beinahe 5.000 bestätigte Bücher-Verdachtsfälle befinden sich im Tiefenmagazin der Herzogin Anna Amalia Bibliothek und auch die Herkunft von fast 900 anderen Objekten wie Gemälden, Grafiken oder Archivalien wird erforscht. In erster Linie stammen sie von jüdischen Verfolgten, aber auch Gegenstände aus Gewerkschaftsbibliotheken, von Parteien oder anderen politisch Verfolgten finden sich darunter. Finanziert wird das Projekt zu gleichen Teilen von der Stiftung selbst und aus staatlichen Fördermitteln.