»Dampfende Täler bei Ilmenau« Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) 22./ 23. Juli 1776 Pinsel in Grau © Klassik Stiftung Weimar

»Höhle am Hermannstein« Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) 08. August 1776 (?) schwarze Kreide, grau laviert © Klassik Stiftung Weimar

»Stützerbacher Grund« JWG (1749 – 1832) August 1776 Bleistift, Pinsel in Grau © Klassik Stiftung Weimar

»Adieu Engel. Ich geh nach Stützerbach…« – Goethe im Thüringer Wald

Rund um die Wiedereröffnung des Goethemuseums in Stützerbach, einem kleinen Örtchen im Thüringer Wald, sind derzeit viele Hände am Werken und Köpfe am Rauchen. In dem Ort, der einigen bisher als Kneipp-Kurort bekannt gewesen sein mag, verweilte auch  Johann Wolfgang von Goethe gern. In der neu konzipierten Ausstellung sind seine literarischen und zeichnerischen Schöpfungen während seiner Stützerbacher Aufenthalte zu sehen.

Zunächst führten Goethe berufliche Verpflichtungen in die Gegend um Stützerbach: Dort begleitete er den Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, der den Ilmenauer Bergbau wiederbeleben wollte. Doch Goethe erkannte die ruhende und anregende Schönheit dieser Gegend schnell. Er hielt sich laut seinen Tagebucheinträgen zwischen 1776 und 1779 circa 15 mal in Stützerbach auf, u.a. auch zum privaten Vergnügen.

Die Landschaft inspiriert ihn, häufig schreibt und zeichnet er dort für seine Freundin Charlotte von Stein. Diese Zeichnungen und Briefe stehen in engem Verhältnis zu seiner aufblühenden Liebe zu ihr:

»(…) Hunderttausendmal bist du um mich gewesen ich hab nur für dich gezeichnet. Zwar wenig, aber mein Herz drinne.

Adieu Engel. Ich geh nach Stützerbach um für dich eine Zeichnung zu endigen.

Liebe du giebst mir ein neues Leben (…).«

»Dampfende Täler bei Ilmenau« Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) 22./ 23. Juli 1776 Pinsel in Grau © Klassik Stiftung Weimar

»Dampfende Täler bei Ilmenau« Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) 22./ 23. Juli 1776 Pinsel in Grau © Klassik Stiftung Weimar

Während er an der Zeichnung »Die dampfenden Täler bei Ilmenau« arbeitet, schreibt er am 22. Juli 1776:

»Ich hab auf der andern Seite angefangen was zu zeichnen es geht aber nicht drum will ich lieber schreiben in der Höhle unter dem Hermannstein meinem geliebten Aufenthalt wo ich möcht wohnen und bleiben.

(…) Wenn du nur einmal hier seyn könntest es ist über alle Beschreibung und Zeichnung.

(…) Die Thäler dampfen alle an den Fichtenwänden herauf.«

Die Höhle am Hermannstein ist für Goethe ein besonderer Ort. Viele Stunden verweilt er dort – nachdenkend und zeichnend. Umso wichtiger ist es für ihn, diesen Ort nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Wirklichkeit mit seiner Charlotte teilen zu können:

»Liebste Frau wir sind wohl noch in Ilmenau komm nur.«

»Höhle am Hermannstein« Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) 08. August 1776 (?) schwarze Kreide, grau laviert © Klassik Stiftung Weimar

»Höhle am Hermannstein« Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) 08. August 1776 (?) schwarze Kreide, grau laviert © Klassik Stiftung Weimar

Charlotte folgt seinem Ruf und besucht am 6. August zusammen mit ihm die Hermannsteiner Höhle. Liebevoll und erregt schreibt er am 8. August 1776:

»Deine Gegenwart hat auf mein Herz eine wunderbare Würkung gehabt, ich kann nicht sagen wie mir ist! mir ist wohl und doch so träumig. Zeichnen konnt ich gestern nicht. (…) Heut will ich auf den Hermanstein, und womöglich die Höhle zeichnen (…).

Wenn ich so dencke, dass Sie mit in meiner Höhle war, daß ich ihre Hand hielt indeß sie sich bückte und ein Zeichen in den Staub schrieb!!! Es ist wie in der Geisterwelt (..). Ein Gefühl ohne Gefühl.

Lieber Engel! (…) Dein Verhältniß zu mir ist so heilig sonderbaar, daß ich erst recht bey dieser Gelegenheit fühlte: es kann nicht mit Worten ausgedrückt werden, Menschen könnens nicht sehen. (…) Adieu liebe.«

Während Herzog Carl August auf Jagd geht, nutzt Goethe die Zeit, um seinen Blick und seine kreativen Fähigkeiten zu schulen. Nur kurze Zeit später fertigt er eine weitere, beeindruckend realitätstreue Zeichnung mit dem Blick ins Stützerbacher Tal. Charlotte ist dabei stets in seinen Gedanken. Vom Schlossberg herab, in einem »guten Augenblick« in dem »der Sonnenblick (…) im Thal« lag, versucht Goethe die Zeichnung zu vollenden, ist jedoch unglücklich darüber.

»Stützerbacher Grund« JWG (1749 – 1832) August 1776 Bleistift, Pinsel in Grau © Klassik Stiftung Weimar

»Stützerbacher Grund« JWG (1749 – 1832) August 1776 Bleistift, Pinsel in Grau © Klassik Stiftung Weimar

Seiner Zeichnung legt er am 10. August 1776 folgende Zeilen bei:

»Liebste Frau. Ich schick Ihnen die Stüzzerbacher Zeichnung unvollendet, denn ich fürcht ich verderb sie. Gestern versuchte mich ein böser Geist, dass ich in liebeleerem Augenblick drüber kam, und um ein Haar war sie verpudelt, und ich wäre rasend geworden.

(…) Adieu Engel ich mag dir nichts weiter sagen, du hast alles was ich gethan habe von dir loszukommen, wieder zu Grunde gerichtet. (…) Addio.«

Ab dem 20. Mai 2015 ist das Goethemuseum in Stützerbach nach seiner Neueinrichtung wieder ganzjährig für Besucher zugänglich. Es ist neben dem GoetheStadtMuseum Ilmenau und dem Jagdhaus in Gabelbach, eine von drei Goethe-Gedenkstätten auf dem Goethewanderweg durch den Thüringer Wald.

Quelle: Goethes Werke. Hrsg. Im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. 4. Abtheilung. 3. Band Weimar 1775 – 1778 Hermann Böhlau. Weimar 1888

Florence Schmalz

Florence Schmalz studiert Germanistik und Interkulturelle Wirtschaftskommunikation an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Im Rahmen ihres Studiums absolviert sie ein Praktikum bei der Klassik Stiftung im Goethe-Nationalmuseum mit Goethes Wohnhaus in Weimar.

3 Kommentare

  • jestem bardzo dumna z ciebie!!!!!

    krystyna -
  • Bei einem Urlaub im Thüringer Wald habe ich kürzlich das sehr schön gestaltete Museum besucht. Leider waren dort keine Goethe-Originale zu sehen, auch eine historische Küche war nicht mehr Bestandteil der Ausstellung. Gibt es irgendwo Informationen zu Hintergrund und Konzeption der Neugestaltung der Ausstellung?
    Mit besten Grüßen, Stefan Weber

    Stefan Weber -
    • Lieber Stefan Weber,
      das Goethe-Museum Stützerbach wurde von der Gemeinde übernommen und wird vom örtlichen Goetheverein betrieben. Weitere Informationen erhalten Sie hier:
      http://www.stuetzerbach.de/museen-stuetzerbach.php

      Mit besten Grüßen
      Ihre Online Redaktion der Klassik Stiftung

      Klassik Stiftung Weimar -