Anna Heyde, »Das letzte und das erste Wort«, 2015 © Anna Heyde; Wenzel Jamnitzer, Schwertentwurf, 1544 © Klassik Stiftung Weimar

Wenzel Jamnitzer, Schwertentwurf, 1544 © Klassik Stiftung Weimar

Wenzel Jamnitzer, Schwertentwurf, Detail, 1544 © Klassik Stiftung Weimar

Anna Heyde, »Das letzte und das erste Wort«, Detail, 2015 © Anna Heyde

»Ernestiner« trifft Bauhaus, Teil 4

»Ernestiner« trifft Bauhaus: Wir haben Künstlerinnen und Künstler der Bauhaus-Universität Weimar gebeten, Werke der Ernestiner-Ausstellung neu zu interpretieren und Ideen sowie Herangehensweise in einem kurzen Text zu beschreiben. Hier zeigen wir jede Woche ein Ergebnis.
Anna Heyde interpretiert den Schwertentwurf des Goldschmieds Wenzel Jamnitzer und zeigt ein Symbol subtilerer Macht.

Auf der einen Seite steht ein Schwertentwurf Wenzel Jamnitzers von 1544, ein Zeremonialschwert des römischen Kaisers Karl dem V., welches in Spanien verloren ging, aber in der Endphase seiner Fertigung als aufwendiger Schwertriss erhalten blieb.

Wenzel Jamnitzer, Schwertentwurf, 1544, © Klassik Stiftung Weimar

Wenzel Jamnitzer, Schwertentwurf, 1544 © Klassik Stiftung Weimar

Es birgt in seiner Ornamentik die gesamte Aufstiegsgeschichte des Habsburger Hauses in sich. Ein Gegenstand, welcher für eine ganz bestimmte Person zu einem ganz bestimmten Zweck gefertigt wurde.

Es ist ein Machtsymbol und gleichsam ein bedrohlicher Fingerzeig nach vorne, stellt es doch keine Sammlung von Titeln, sondern einen einstmals realen Machtkomplex dar, dessen Spitze mit den Heeren dreier Länder seine Schlachten schlug.

 

Wenzel Jamnitzer, Schwertentwurf, Detail, 1544 © Klassik Stiftung Weimar

Wenzel Jamnitzer, Schwertentwurf, Detail, 1544 © Klassik Stiftung Weimar

Nach vorne zeigt auch das massenproduzierte Schreiblerngerät, doch seine Macht ist etwas subtiler. Wer es zu führen weiß, dem öffnet sich ein Kosmos – das geschriebene Wort auf Papier.

Mit ihm kann man Gesetze geltend machen, Ansprüche durchsetzen, seinen letzten Willen kund tun, Grüße senden und die Liebe erklären.

In der Doppelung des Füllers fällt auf, dass die reine Materialität des industriell gefertigten Stückes für feine Unterschiede sorgt, Nuancen, die ein Ding zu einem persönlichen, einem lebenden Gegenstand machen.

Anna Heyde, »Das letzte und das erste Wort«, Detail, 2015 © Anna Heyde

Anna Heyde, »Das letzte und das erste Wort«, Detail, 2015 © Anna Heyde

Es bekommt durch seine Benutzung einen Charakter, wird zum Gegenstand einer ganz bestimmten Person.

Die Verzierungen auf Vorder- und Rückseite des Schwertes beschreiben die Wachstumsstufen des Hauses Habsburg wie zwei Seiten eines Buches. Ein demonstrativer Blick auf die Vergangenheit, deren Zeugnisse sich dagegen ganz unbemerkt im Gebrauchsgegenstand eingravieren.

Anna Heyde, »Das letzte und das erste Wort«, 2015 © Anna Heyde Wenzen Jamnitzer, Schwertentwurf, 1544, © Klassik Stiftung Weimar

Anna Heyde, »Das letzte und das erste Wort«, 2015 © Anna Heyde; Wenzel Jamnitzer, Schwertentwurf, 1544 © Klassik Stiftung Weimar

Im Schreiben nehmen wir den Gegenstand des Schreibens, das Schreibgerät, nur in einem fokalen Sinne war.

Unsere Hand fühlt durch die Spitze des Füllers hindurch und unsere Gedanken fließen direkt mit der Tinte aufs Blatt.

Ein repräsentatives Instrument, blanko verkäuflich in jedem Schreibwarenladen, doch, sobald es in die Hände seines Besitzers fällt und dessen Herrschaft annimmt, ein kraftvolles Werkzeug.

Anna Heyde

Anna Heyde, geboren 1990 in Berlin und aufgewachsen im Land Brandenburg, studierte Freie Kunst an der Bauhaus-Universität Weimar. Die Diplom-Künstlerin arbeitet mit Vorliebe im installativen sowie textproduktiven Bereich. Ihr erstes Buch »Hirn will Arbeit« wurde kürzlich mit dem Bauhaus-Essentials Preis ausgezeichnet.

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Weitere Beiträge der Reihe:

Franziska Becher: »The Release«

Rosmarie Weinlich: »Durch Azur fallend tief in die Nacht«

Adam Noack: »Maria Pawlowna durch eine Sonnenbrille«