Seit Mitte des 18. Jahrhunderts sind exotische Pflanzen und das Wissen zu ihrer Kultivierung im Schlosspark Belvedere in Weimar heimisch. Foto: Klassik Stiftung Weimar

300 Jahre Pomeranzen und Zitronen in Belvedere

von Katja Pawlak aus der Abteilung Gärten

Seit Jahrhunderten werden in der Weimarer Orangerie Pomeranzen, Zypressen und mehr präsentiert. Bis heute werden neue Exoten angekauft. Die aktuelle Dauerausstellung „Hüter der goldenen Äpfel“ nimmt die Entstehung der Pflanzensammlung in Belvedere in den Blick.

120 Pomeranzen, Zypressen und weitere Exoten zieren derzeit den Orangerie-Platz am Schloss Belvedere in Weimar. Die üppige Ausstattung an Kübelpflanzen zeigt, wie es hier einst zu Zeiten von Herzog Carl August bis Mitte des 19. Jahrhunderts ausgesehen hat. Ihre Aufstellung auf dem Platz folgt Plänen und Abbildungen aus dieser Zeit.

Belvedere, Orangerieplatz, kolorierte Handzeichnung von Julius Sckell, Ausschnitt © Klassik Stiftung Weimar

Die Belvederer Pflanzensammlung hat eine lange, 300-jährige Geschichte, die mit der Errichtung der barocken Sommerresidenz unter Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar beginnt. Den Grundstock der Sammlung bildeten 100 Citrus, die 1728 von italienischen Händlern, den Gebrüdern Bavastrelli aus Wahren bei Leipzig, angekauft wurden.

Für die ersten Orangerie-Pflanzen in Belvedere wurden ab 1729 drei Glashäuser errichtet. Die Baukostenaufstellungen des Hofes verzeichnen dann für 1733 ein „neuerbautes Orangenhaus“. Aus der Zeit um 1735 stammt auch die Planung für ein aufwendiges und kunstvolles Orangerie-Parterre.

Bis Mitte des 18. Jahrhunderts kaufte man immer wieder Citrus, Feigen und Lorbeer für Belvedere an. Als 1748 Ernst August starb, war der Bestand auf die stattliche Anzahl von 800 Pomeranzen und Zitronen angewachsen. Ob alle Pflanzen für Belvedere bestimmt waren oder auch für andere Gärten des Herzogs, ließ sich bislang nicht zweifelsfrei klären.

Die seit 1759 regierende Herzogin Anna Amalia ließ recht schnell ein neues Treibhaus errichten. Dieses Gebäude, auch „das lange Glashaus“ genannt, diente zur Überwinterung von Orangenbäumen, ebenso zur Treiberei von Zwetschen und Kaffeepflanzen.

Die in Perugia angekauften Pomeranzen im Pavillon des Südflügels der Belvederer Orangerie © Klassik Stiftung Weimar

Die in Perugia angekauften Pomeranzen im Pavillon des Südflügels der Belvederer Orangerie, Foto: André Kühn, © Klassik Stiftung Weimar

Über letztere hielt Hofgärtner Friedrich Reichert in seiner „Beschreibung von Belvedere in den Jahren 1770 bis 1778“ fest, dass die Kaffeebäume „jährlich einige Pfund Kaffeebohnen“ erbrachten. Außerdem kultivierten die Gärtner Agaven, zumindest seit 1745.

Unter Herzog Carl August, der ein großes Interesse für die Botanik besaß und sich darüber intensiv mit Johann Wolfgang von Goethe austauschte, wurde südlich der Orangerie um 1820 ein botanischer Garten angelegt. Nordamerikanische, südafrikanische und australische Pflanzen – sogenannten Neuholländer – sind damals die Besonderheiten der Orangerie Belvedere.

Nach dem Tod von Carl August 1828 blieben die reichhaltigen Bestände der Belvederer Orangerie nicht erhalten. Die Citrus stellten aber immer einen wesentlichen Bestandteil der hiesigen Pflanzensammlung dar. Seit Jahrhunderten wird sie auf dem Orangerie-Platz vor den Gebäuden präsentiert.

„Hüter der goldenen Äpfel“ heißt die Ausstellung im Gärtnerwohnhaus des Schlossparks Belvedere bei Weimar. © Klassik Stiftung Weimar

„Hüter der goldenen Äpfel“ heißt die Ausstellung im Gärtnerwohnhaus des Schlossparks Belvedere bei Weimar. © Klassik Stiftung Weimar

Bereits in den 1990er Jahren und 2007 waren in Anknüpfung an den Katalog der Pflanzensammlung, den Hortus Belvederianus, wieder Pomeranzen angekauft worden.  Dank einer EU-Förderung im Rahmen der Bundesgartenschau war im Oktober 2020 ein größerer Ankauf möglich. 70 Pomeranzen und zehn Zypressen hat Andreas Petzold, der Revierleiter der Orangerie Belvedere, direkt in Italien ausgewählt und angekauft. So komplettieren die neuen Pomeranzen in eigens dafür angefertigten Eichenkästen in Weiß und Grün sowie die Zypressen am Gärtnerwohnhaus den bisherigen Bestand.

Ausstellung, nordwestlicher Raum, Foto: Klassik Stiftung Weimar © Klassik Stiftung Weimar

Ausstellung, nordwestlicher Raum, Foto: André Kühn, © Klassik Stiftung Weimar

Die neue Ausstellung „Hüter der goldenen Äpfel“ im Gärtnerwohnhaus im Schlosspark Belvedere nimmt die Entstehung der Pflanzensammlung in der Weimarer Orangerie in den Blick und stellt die gartenkünstlerischen Ambitionen der Gärtnerfamilien heraus. Die Architektur der Orangerie-Anlage orientierte sich stets am jeweiligen Zeitgeschmack und an den Bedürfnissen der Kultivierung. Die eigenständige Arbeit der ehrgeizigen Gärtnerfamilien steht als verbindendes Element zwischen dem Repräsentationsgedanken im 18. Jahrhundert und dem Anspruch an Wissenschaft und Kultivierung im 19. Jahrhundert.

Bis Ende Oktober (Di bis So 10–18 Uhr) ist die Ausstellung noch zu sehen, dann nach der Winterpause im Frühjahr wieder.

“Du alte Landpomeranze” – Gärtner und Zitrus-Experte Andreas Petzold erklärt die Redewendung:

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