Herrlicher Blick in den Park an der Ilm in Weimar. Damit Gras und Heu als Tierfutter verwendet werden können, sind Hunde an der kurzen Leine zu führen und Hundekot zu beseitigen. Foto: Roland Dressler | Klassik Stiftung Weimar
Gebrauchsanweisung für ein Welterbe in Weimar
von Andreas Pahl
Die Klassik Stiftung Weimar verfügt über einen ganz besonderen Schatz, der sich so selbstverständlich in die Topographie und das Alltagsleben der Stadt einfügt, dass er oftmals als gegeben hingenommen wird.
Doch was Bürgerinnen und Bürger, Besucherinnen und Besucher als Naturerlebnis wahrnehmen und genießen, was zum Flanieren und Ausruhen einlädt, ist ein fragiles System aus Flora und Fauna, Boden- und Klimabedingungen, historischen Entwürfen und zeitgenössischen Rekonstruktionen. Kurz: Ein künstlerisches Meisterwerk.
Ein Hauptteil der etwa 140 Hektar Park- und Gartenflächen der Klassik Stiftung Weimar zählt seit 1998 zum UNESCO-Welterbe. Wir bewegen uns durch ein grünes Kulturgut allerersten Ranges, das genauso empfindlich auf Kontakt, Druck, Feuchtigkeit und Trockenheit, Abrieb und groben Umgang reagiert wie ein Altmeistergemälde. Der feine Unterschied liegt in der Zugangsbeschränkung: Während in den bedeutendsten Gemäldegalerien der Welt nur eine begrenzte Anzahl von Besucherinnen und Besuchern eingelassen wird, um das fragile Materialgefüge der Gemälde nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, ist der Park ein öffentlicher Ort, der allen Menschen jederzeit offensteht. Und das ist gut so.

Römisches Haus im Park an der Ilm. Foto: Catrin Seidel | Klassik Stiftung Weimar
Die intensive Nutzung der Parkanlagen stellt die Klassik Stiftung Weimar jedoch vor zunehmende Herausforderungen. Wie kann der Park in seiner Schönheit und seinem Charakter erhalten bleiben, ohne zu einem umzäunten Freilichtmuseum zu werden? Wie können Regeln vermittelt werden, damit sie auf Einsicht stoßen? Und wie kann ein unbefangener, heiterer Umgang gewährleistet werden, ohne dass der Park, die Wiesen, die Bauwerke und Wege dadurch zerstört werden?
Auch für die Dinge, die wir täglich nutzen, gilt, frei nach dem Gartenkünstler Peter Joseph Lenné, dass sie durch unzweckmäßige Behandlung ihren Wert verlieren. Im Interesse aller Besucher*innen und zum Schutz der baulichen und gärtnerischen Werke gilt in den Anlagen der Klassik Stiftung Weimar, wie auch in den meisten Parks anderer Schloss- und Parkverwaltungen, eine Parkordnung. Sie ist als eine Art Gebrauchsanweisung zu verstehen.
Warum darf ich in den Parks und Gärten nicht Rad fahren?
Die Parks und Gärten sind Orte der Kunst- und Naturerfahrung, viele Besucher*innen fühlen sich durch Radfahrende belästigt. Etliche Wege sind darüber hinaus sehr schmal und baulich nicht für das Fahrradfahren geeignet. Daher sind die Wege als Fußwege ausgewiesen. Fahrradfahren ist aber auf den gekennzeichneten Strecken gestattet.

Unschöner Trampelpfad: Durch Radfahren geschädigter Wurzelbereich einer Esche. Foto: Dorothee Ahrendt | Klassik Stiftung Weimar
Warum darf ich die Wiesen nicht betreten?
Unsere Wiesenflächen sind wertvolle Biotope und dienen der Heu- und Futtergewinnung. Wesentliche Bereiche werden durch Schafe beweidet. Die Wiesen haben eine hohe pflanzliche und tierische Artenvielfalt aufzuweisen. Durch das Betreten kommt es zu einer Bodenverdichtung, wichtige Wiesenkräuter werden verdrängt und Wurzeln geschädigt. Daher ist das Betreten der Rasen- und Wiesenflächen nicht erlaubt. Doch der Park lädt auch zu Spaß und Entspannung ein: Spiel- und Liegewiesen im Park an der Ilm sind auf den Orientierungstafeln gekennzeichnet.
Warum darf ich mit meinem E-Scooter nicht durch den Park fahren?
Das Befahren der Anlagen mit motorisierten Fahrzeugen und Kutschen ist ohne gesonderte Erlaubnis verboten, ebenso das Reiten. Wege und Pflanzen werden dadurch nachhaltig geschädigt.

Bitte nicht: Motorisierte Fahrzeuge, Kutschen sowie Reiter und Reiterinnen können Wege und Pflanzen nachhaltig schädigen. Außerdem stören sie die Ruhe in den Parks wie hier in Belvedere. Foto: Andreas Pahl | Klassik Stiftung Weimar
Warum darf ich die Bäume nicht zum Klettern benutzen?
Sportliche Betätigungen dürfen dem Park nicht schaden und seine Gäste nicht belästigen. Viele Bäume sind sehr alt und empfindlich, darüber hinaus kann die Klassik Stiftung Weimar die Verkehrssicherheit der Bäume außerhalb der ausgewiesenen Wege nicht gewährleisten. Es sind beispielsweise Astabbrüche nicht auszuschließen.
Warum darf ich keine Blumensträuße pflücken?
Die Pflanzen sind ein elementarer Bestandteil des Gartenkunstwerkes. Neben den gärtnerischen Pflanzungen gehören auch viele Wildblumen, mitunter auch naturschutzrechtlich geschützte Arten, zum Pflanzenbestand.

Wiesensalbei im Park an der Ilm. Foto: Rita Osburg | Klassik Stiftung Weimar
Warum darf ich im Park nicht grillen?
Grillen, Glut, Feuer sowie Feuerwerk zerstören Pflanzen und befördert die Gefahr von Bränden. Wer auf der Suche nach Erholung und Entspannung durch den Park spaziert, möchte nicht durch Rauchschwaden oder Lärm belästigt werden.
Warum darf ich meinen Hund nicht frei laufen lassen?
Viele Besucher*innen fühlen sich durch frei laufende Hunde gestört. Wie freundlich ein Tier ist und wie hoch es springt, ist ihm nicht anzusehen. Darüber hinaus führen die „Hinterlassenschaften“ der Hunde dazu, dass das Heu der Wiesen als Tierfutter unbrauchbar wird. Deshalb sind Hunde an der kurzen Leine zu führen, Hundekot ist zu beseitigen.
Warum muss ich meinen Müll einsammeln?
Die Gärtner*innen der Klassik Stiftung Weimar müssen viel Zeit, Mühe und Kosten für die Müllbeseitigung aufwenden. Wer Müll produziert, möge ihn auch entsorgen. Die vorhandenen Papierkörbe sind für kleinere Abfälle gedacht, da sie das Erscheinungsbild der Parklandschaft nicht stören sollen.

Schlimmer Anblick: Gärtner und Gärtnerinnen der Klassik Stiftung Weimar sind vor allem in den Sommermonaten täglich mehrere Stunden beschäftigt, Müll der Parkgäste einzusammeln. Dabei verlieren sie wertvolle Zeit für die Pflege der Parks und Gärten. Foto: Katrin Luge | Klassik Stiftung Weimar
Warum darf ich in den Gewässern nicht schwimmen, Carl August und Goethe haben es schließlich auch getan?
Was vor über 200 Jahren ein Einzelfall war, wäre heute ein Massenphänomen. Heute sind die Gewässer keine Badegewässer, eine so intensive Nutzung würde zur Erosion der Ufer beitragen und den Bestand nachhaltig schädigen. Darüber hinaus gibt es heute Freibäder. Es ist daher nicht gestattet, in den Gewässern, Brunnen und Wasserkünsten zu baden oder Hunde darin baden zu lassen und im Winter die Eisflächen im Park zu betreten. Die Wasseranlagen enthalten kein Trinkwasser.

Nicht erlaubt: Baden trägt zur Erosion des Ilmufers bei und schadet der Vegetation am Ufer. Zum Baden gibt es heute Freibäder. Foto: N. Richter
Warum darf ich keine Musik abspielen und Plakate kleben?
Auch hier hat der Anspruch an Erholung und das ungestörte Naturerlebnis Vorrang. Das Anbringen von Plakaten und Schildern, das Betreiben von Handel und Gewerbe sowie das Abspielen von Musik und das Musizieren sind daher nicht gestattet. Gewerbliche Foto- und Filmaufnahmen bedürfen der besonderen Erlaubnis durch die Klassik Stiftung Weimar.
Warum darf ich keine Drohnen steigen lassen?
Aus Gründen des Denkmalschutzes und der Rücksicht gegenüber den Besucher*innen gilt ein generelles Flugverbot für Drohnen über den Flächen der Klassik Stiftung Weimar.
Warum sollte ich bei Sturm und Unwetter die Parks meiden?
Der historische Baumbestand ist in Teilen mitunter über 200 Jahre alt. Trotz der Erfüllung aller verkehrssicherheitsrelevanten Bedingungen kann es zu Umstürzen und größeren Astabbrüchen kommen. Daher bitten wir alle Gäste, die Parks und Gärten bei Unwetter zu meiden. Darüber hinaus geschieht das Betreten der Parks und Gärten bei Dunkelheit, Unwetter, Hochwasser, Schnee- und Eisglätte auf eigene Gefahr.
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